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Themenwelten Hamburg

05.09.2017 / Auster

Eine Karriere im Rampenlicht

Schauspieler qualifizieren sich in ihrer Ausbildung für weit mehr als nur die Bühne und das Filmset

Kristin Hansen (26) hat direkt nach ihrer Schauspielausbildung ein Engagement bekommen Heiner Köpcke
Kristin Hansen (26) hat direkt nach ihrer Schauspielausbildung ein Engagement bekommen Heiner Köpcke
YVONNE SCHELLER 

Kristin Hansen hat es schon als Kind geliebt, zu singen und zu tanzen. Sie engagierte sich im Chor, der Theater-AG und ergatterte die Hauptrolle im Schul-Musical. „Aber meine Leidenschaft zum Beruf zu machen, dafür fehlte mir damals schlicht der Mut“, erzählt die 26-Jährige. Stattdessen studierte sie Soziale Arbeit – bis zum dritten Semester. Da übernahm sie einen Komparsen-Job beim Dreh der Serie „Der Landarzt“ und wurde entdeckt. „Das war wie ein Ritterschlag für mich. Und der nötige Push, um mich doch an die professionelle Ausbildung zur Schauspielerin zu wagen.“

An der privaten Schule für Schauspiel Hamburg (SfSH) besuchte sie ein Vorsemester – und war begeistert. Ihre Leidenschaft überzeugte die Dozenten, und das Vorsemester wurde als Aufnahmeprüfung gewertet. Im September 2012 startete Kristin offiziell ihre Schauspiellaufbahn.

Sich ohne Wenn und Aber der Schauspielkunst zu verschreiben ist ein wesentlicher Antrieb – sowohl für die fordernde Ausbildung über drei Jahre an der staatlich anerkannten Schule als auch für die anschließende Karriere. „Nach nur zwei Wochen im Vorsemester wusste ich, dass ich nie wieder etwas anderes machen will“, erklärt auch Lo Rivera mit Nachdruck – wobei fast alles, was die 29-Jährige sagt, akustisches Gewicht hat, dank einer besonders markanten Stimme und ihres lateinamerikanischen Temperaments. Ihren Abschluss an der SfSH hat sie 2011 gemacht, nun blickt sie auf gut sechs Jahre Berufserfahrung zurück. Lo ist auf Theaterbühnen ebenso präsent wie an Film- und Fernsehsets, etwa bei „Tatort“-Produktionen oder „Großstadtrevier“. Dazu kommen Sprechrollen in Werbung und Hörspiel. Außerdem lieh Lo US-Schauspielern in bekannten Serien wie „Orange Is the New Black“, „Shadow Hunter“oder„Masters of Sex“ ihre Stimme als Synchronsprecherin.

Entsprechend breit aufgestellt ist das Unterrichtsspektrum an der SfSH.„Im Zentrum der Ausbildungsteht die praxisnahe Vermittlung schauspielerischer Grundlagen des Theaters, die durch spezielle Qualifikationen für Film, TV und andere Medien ergänzt werden“, erklärt Schulleiterin Michaela Uhlig. Auf dem Lehrplan stehen dazu etwa Körper- und Stimmtraining, Impulstraining, Improvisation, Ensembletraining und Gruppenimprovisation sowie Schauspiel-Arbeit nach Stanislawski, Grotowski und Chekhov. Erste Praxiserfahrung sowie Kontakte in die Branche bieten zudem regelmäßige interne und öffentliche Aufführungen und Workshops mit renommierten Gast-Dozenten wie Marie Bäumer und Michael Bogdanov.

Auf die Bühne zu gehen und es auszuhalten, sichtbar zu sein, sei selbst für diejenigen nicht einfach, die das doch eigentlich ganz dringend wollen. Über allem aber stehe ein Ziel:„Den Wechsel vom Schauspiel zum echten Spiel zu vollziehen“, erläutert Lo. „Es geht darum, auf der Bühne oder vor der Kamera zu einer anderen Person zu werden. Ich spiele nicht die Julia, ich bin Julia!“

Doch Schauspieler verdienen sich ihr Geld keineswegs nur mit Shakespeare. „Unsere Absolventen haben viel mehr Standbeine. Darauf bereiten wir sie im dritten Jahr intensiv vor“, betont Uhlig. Das Berufsspektrum reiche von Auftritten bei Shows und Events, Liederabenden oder Lesungen über Moderatoren-Jobs bis hin zu Lehrtätigkeiten, ob als Stimmtrainer oder Theaterpädagoge. „Und ich hatte sogar schon Anfragen von Unternehmensberatungen, die auf der Suche nach Querdenkern mit Ausstrahlung sind.“

Während Lo sich ihr Geld unter Einsatz der gesamten Klaviatur künstlerischer Möglichkeiten verdient, ist Kristin mit mehr ökonomischer Sicherheit ins Berufsleben gestartet: einem zweijährigen Engagement in der Kinder- und Jugendsparte am Theater Kiel. Damit gehört sie zu den Glücklichen, weiß Anja Niederfahrenhorst, Vermittlerin im Bereich Bühne/Schauspiel in der Künstlervermittlung der Bundesagentur für Arbeit. „Es ist ein hart umkämpfter Markt, und Absolventen können nicht davon ausgehen, als Anfänger ein festes Engagement zu bekommen.“ Der Beruf erfordere ein hohes Maß an Mobilität und Flexibilität sowie Eigeninitiative, Selbstmanagement, Stressresistenz und Leidenschaft. „Ein dickes Fell kann auch nicht schaden, denn man ist immer selbst Gegenstand der Kritik“, weiß Niederfahrenhorst, die selbst viele Jahre Erfahrung als Schauspielerin, Regisseurin und Sprecherin mitbringt.

Info

Ausbildungsdauer: 3 Jahre

Voraussetzungen: Mindestalter 17 Jahre, abgeschlossene Schulausbildung, gute Deutschkenntnisse, sehr gutes Textverständnis sowie Interesse an Literatur

Zugang: Aufnahmeprüfung bzw. Vorsemester

Ausbildungskosten: 510 Euro monatlich

Einstiegsgehalt: 1765 Euro Gage für eine Anfänger-Vakanz am Theater in Festanstellung bzw. 750 bis 1200 Euro pro Drehtag bei größeren Film- oder Fernsehproduktionen (Angabe ZAV)

Weitere Infos:
www.schauspielschule-hamburg.comwww.ba-­kuenstlervermittlung.de
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