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Ein Händchen für Holz

Tischler können weit mehr als Möbel bauen. Die vielseitigen Handwerker haben zurzeit ausgezeichnete Jobchancen

Lisa Pittelkow ist im dritten Lehrjahr zur Tischlerin. Sie ist spezialisiert auf Innenausbau. FOTO: HEINER KÖPCKE
Lisa Pittelkow ist im dritten Lehrjahr zur Tischlerin. Sie ist spezialisiert auf Innenausbau. 
FOTO: HEINER KÖPCKE
Chan Sidki-Lundius 

Hoch dekoriert ist Lisa Pittelkow. Die angehende Tischlerin, die ihre Ausbildung bei Innenmöbel Ralf Staben macht, hat in diesem Jahr den zweiten Platz beim Wettbewerb „Hamburgs Azubi des Jahres“ gewonnen. Eine Ausbildung zu machen ist ihr nach dem Abitur nicht als Erstes in den Sinn gekommen. Zuerst hatte sie ein Physikstudium begonnen, doch das war nichts für sie. Also hat sie sich nach einer Alternative umgeschaut. Nach eingehender Recherche und einem Praktikum war für die Schnelsenerin schnell klar, dass sie Tischlerin werden möchte.

Wie es scheint, eine richtige Entscheidung. „Dieser feine Handwerksberuf ist mein ganzes Glück“, schwärmt die 22-Jährige, die gerade in ihr drittes Ausbildungsjahr gekommen ist. Obwohl sie verkürzen könnte, möchte sie die vollen drei Jahre ausnutzen, weil ihr die Ausbildung so viel Spaß macht und es so viel zu lernen gibt. Tischler bauen Möbel und ganze Inneneinrichtungen, zum Beispiel Einbauschränke und Küchen, die sie im Auftrag der Kunden meistens auch einbauen, Millimeterarbeit! Es gibt aber auch Betriebe, die sich auf die Fertigung von Fenstern, Türen, Treppen oder Wintergärten spezialisiert haben.

Bei Ralf Staben hat es Lisa vornehmlich mit privaten Inneneinrichtungen und gewerblichen Innenausbauten zu tun. „Es ist toll zu sehen, wie ein schöner Holzschrank, ein Tisch, ein individueller Waschtisch oder Schiebetüren entstehen“, erzählt Lisa. „Wie viel Arbeit da drinsteckt, können sich die meisten nicht so wirklich vorstellen.“ Besonders viel Spaß machen Lisa das Arbeiten mit Vollholz und das Lackieren. Dafür brauche es eine ruhige Hand und viel Gefühl. Mittlerweile darf sie schon viele Arbeiten eigenständig übernehmen. Dabei neue und eigene Lösungswege zu suchen und dann auch zu finden ist total ihr Ding.

Den theoretischen Teil ihrer Ausbildung absolviert Lisa in Blöcken an der Beruflichen Schule Holz Farbe Textil. Hier lernen Azubis unter anderem auch die verschiedenen Materialien kennen, mit denen sie arbeiten. Denn außer Holz kommen beispielsweise auch Metall, Kunststoff oder Glas zum Einsatz. Außerdem geht es in der Berufsschule um Arbeitsverfahren, Technologien und handwerkliche Konstruktionen. Vermittelt werden außerdem das Lesen und Erstellen von Skizzen und Zeichnungen, dazu kommt das notwendige mathematische und wirtschaftliche Rüstzeug für den traditionsreichen Beruf. Teil der Ausbildung sind auch die überbetrieblichen Lehrgänge bei der Tischler-Innung.

Im sogenannten einwöchigen Grundausbildungslehrgang wird der richtige Umgang mit Handwerkszeugen vermittelt. Ebenso werden verschiedene Holzverbindungen erstellt. Und es erfolgt eine Grundeinweisung an Fräsen und Handschleifmaschinen, außerdem wird ein Werkstück angefertigt. In den darauffolgenden drei Maschinenkursen werden ebenfalls Werkstücke aus Holz angefertigt. „Die scharfen Werkzeuge und schnelldrehenden Präzisionsmaschinen erleichtern die körperlich anstrengende Arbeit sehr. Beim Umgang mit ihnen muss man allerdings handwerklich geschickt und vorsichtig sein, denn man kann sich leicht verletzen“, so die Erfahrung von Lisa. Im fünften und damit letzten Lehrgang steht die Bearbeitung von Oberflächen auf dem Programm. In Hamburg gibt es mehr als 100 überwiegend kleine und mittelständisch geprägte Ausbildungsbetriebe für Tischler, pro Jahr gehen mindestens ebenso viele Auszubildende an den Start. Dabei gehört der Tischlerberuf zu den gefragtesten Handwerksberufen, knapp die Hälfte der Auszubildenden haben Abitur. Qualifizierte Fachkräfte sind aufgrund der guten Auftragslage gesucht.Wie Regine Böge, die Leiterin des Bildungszentrums der Tischler-Innung Hamburg, berichtet, sei es fast unmöglich, einen Ausbildungsplatz ohne vorheriges Praktikum zu ergattern.

Nach der Ausbildung stehen die Chancen hervorragend, einen Job zu finden – ob als Möbel- oder Bautischler. Dazu besteht die Möglichkeit, auf Wanderschaft gehen. Diese sehr traditionelle Art, berufliche Erfahrungen zu sammeln, wird durch Zünfte oder Schächte organisiert und betreut. Tischler, die auf Wanderschaft gehen wollen, müssen ledig und kinderlos sein, und sie dürfen keine Schulden haben. Zudem wird oftmals ein polizeiliches Führungszeugnis gefordert. In einigen Schächten gilt auch eine Altersbegrenzung. Die Reisedauer beträgt zumeist drei Jahre und einen Tag, es geht aber auch kürzer.

Während der Wanderschaft darf der Handwerker seinen Heimatort in einem Umkreis von 50 Kilometern nicht aufsuchen, es sei denn, es gibt ein unabwendbares Ereignis – einen Trauerfall in der Familie zum Beispiel. Lisa hat ebenfalls vor, auf Wanderschaft zu gehen. Sie zieht es vor allem nach Japan und Neuseeland. Die 500 Euro, die sie als Preis für ihre Auszeichnung erhalten hat, sollen dafür nicht draufgehen. Das Geld investiert Lisa lieber in Werkzeug.
  

Job-Info

Ausbildungsdauer: drei Jahre (Verkürzung möglich)
Voraussetzungen: mindestens ein Hauptschulabschluss, Formgefühl, konstruktives Verständnis, Spaß am Gestalten, körperliche Fitness, gern auch ein Führerschein
Ausbildungsentgelt: 580 bis 780 Euro
Einstiegsgehalt: ab etwa 2100 Euro
Perspektiven: sehr gut
Weiterbildungsmöglichkeiten: Holztechniker, Meister, Studium der Architektur oder Innenarchitektur, Spezialisierung im Bereich Restauration
Weitere Infos: www.born2btischler.de (mit Stellen und Praktikumsbörse), Tischler-Innung Hamburg, Tel. 66 86 54-37, www.tischlerhandwerk.org

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