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„Es wird ein richtig gutes Jahr“

Ford-Deutschland-Chef Hans Jörg Klein über die automobilen Herausforderungen der Zukunft und die aktuelle Lage. Schon jeder zweite Neuwagen ist ein SUV

IAA-Premiere für den neuen Ford Kuga: Eine erste Seh-Probe gab es schon vor wenigen Wochen auf großer Bühne in Amsterdam. FOTO: PESCH
IAA-Premiere für den neuen Ford Kuga: Eine erste Seh-Probe gab es schon vor wenigen Wochen auf großer Bühne in Amsterdam. FOTO: PESCH
Die Autoindustrie fährt derzeit nach vielen guten Jahren im holprigen Gelände, und auch die IAA steht am Scheideweg. Werden Benziner und Diesel von Elektroautos verdrängt? Was wird aus den SUV? Hans Jörg Klein, Deutschlandchef von Ford, gibt im Gespräch mit Philipp Jann und Wolfgang Ibel die Antworten auf aktuelle Fragen.

Herr Klein, was erwarten Sie von der IAA?

Alle Marken präsentieren sich in Frankfurt mit dem Schwerpunkt im Bereich Elektrifizierung und Hybrid. Die gesamte Industrie durchläuft derzeit einen Wandel, wie wir ihn bisher noch nie gesehen haben. Ich selber sitze mit den Kollegen in verschiedenen Gremien zusammen. Wir wollen definieren, welche Rolle die IAA in Zukunft für die Auto-Branche hat. Das alles in einer Zeit, in der man an sich sagt: „Okay, die Industrie ist ja noch ganz in Ordnung, und die Wirtschaftsfaktoren sind ja auch noch in Ordnung.“ Es geht aber um mehr. Aus dem Thema Auto wird immer mehr das Thema Mobilität und entsprechend muss und wird sich auch die IAA entwickeln.

Also eine IAA, wie es sie vorher noch nie gab?

In gewisser Weise schon. Die Messe wird zum Beispiel sehr beratungsintensiv. Wir haben vor allem beim Thema Elektroauto viel Erklärungsbedarf. Das fängt an beim Laden und den Reichweiten und reicht bis zu allen Themen rund um die Batterie. Wir alle werden auf dem Weg dahin viel lernen.

Wie läuft es denn bei Ford?

Für Ford wird es ein richtig gutes Jahr. Wir sind im Sommer wieder bei über acht Prozent Marktanteil für PKW und leichte Nutzfahrzeuge angelangt, ein klares Plus. In allen Modellreihen haben wir zum Teil kräftig zugelegt und freuen uns besonders über die gewachsene Nachfrage privater Kunden nach unseren Fahrzeugen.

„Wir werden alle viel lernen“

Das liegt sicher auch bei Ford an der stark gestiegenen Nachfrage bei den SUV-Modellen.

Das stimmt. Bei den Privatkunden ist momentan jeder zweite Neuwagen ein SUV. Vor einem Jahr waren es noch 30 Prozent.

Verstehen Sie, warum SUV so begehrt sind?

Wir haben das in vielen Marktforschungen sehr intensiv befragt. Das hat zum allergrößten Teil mit dem persönlichen Sicherheitsgefühl zu tun. Das Gefühl „Mir kann nichts passieren“ führt viele Kunden zum Kauf eines SUV. Dazu kommen die hohe Sitzposition im Auto, Variabilität, Raumgefühl und sicher auch ein gewisser Lifestyle, den man mit dem Kauf eines SUV ausdrücken möchte.
  
Sieht optimistisch in die Zukunft: Hans Jörg Klein. FOTO: HERSTELLER
Sieht optimistisch in die Zukunft: Hans Jörg Klein. FOTO: HERSTELLER
Und wie sehen Sie die weitere Entwicklung bei den SUV?

Die Kundennachfrage wird sich so schnell nicht ändern. Man muss aber auch die gesellschaftliche Entwicklung im Auge behalten. Es gibt gerade jetzt eine lebhafte öffentliche Diskussion pro oder contra SUV, einige Leute reden sogar von einer besonderen SUV-Steuer. Die Frage ist: Wo geht die Reise hin? Für mich ist es am Ende nicht die Frage „SUV – ja oder nein?“, sondern es ist die Frage „Effizienz – ja oder nein?“. Ich kann auch mit unserem neuen SUV, dem Explorer Plug-In Hybrid, 40 Kilometer oder mehr elektrisch fahren. Effizienz hängt nicht unbedingt von der Größe eines Fahrzeugs ab, sondern davon, welche Technik er unter der Haube hat.

Werden umweltfreundliche Plug-In Hybride deswegen attraktiv sein, weil sie viele Vorteile bieten und beim Kauf nicht so teuer sind wie ein reines Elektrofahrzeug?

Hybrid ist das Beste aus zwei Welten. Da, wo ein Fahrverbot ist, in der Stadt oder auf dem Weg zur Arbeit, fahre ich eben elektrisch und wenn ich dann mit dem gleichen Auto von Köln nach Stuttgart unterwegs bin, übernimmt ein wirtschaftlicher EcoBoost-Motor den Antrieb.

Jetzt zum Diesel…

Der hat sich im Absatz stabilisiert. Wie sagt man so schön: Totgeglaubte leben länger. Und der moderne Diesel mit SCR-Kat und AdBlue-Abgasreinigung hat nach wie vor eine wichtige Rolle im Angebot. Er ist signifikant CO2-freundlicher als ein Benziner. Nächstes Jahr wird die ganze Industrie sehr ehrgeizige CO2-Ziele erreichen müssen. Anderenfalls drohen entsprechende Straf-Zahlungen. Hinsichtlich der gesetzlichen Vorgaben, der Veränderung der innerstädtischen Mobilität und der verschiedenen Nutzungsprofile der Fahrzeuge brauchen wir einen sinnvollen Mix aller verfügbaren Antriebskonzepte. Und deshalb, glaube ich, wird der Diesel mit seiner modernen Technik seinen Platz haben.

„Mit dem S-Max verbinde ich bis heute emotional das meiste. Eine schöne Zeit.“

Was wird bei Ford aus gasbetriebenen Fahrzeugen?

Wir bieten den Ford Fiesta als LPG-Variante an, aber im Gegensatz zu anderen Märkten wie zum Beispiel Italien ist in Deutschland dafür kaum Nachfrage da. Deshalb bauen wir Gas-Autos derzeit nur für Italien.

Auf der IAA wird überwiegend über Elektro geredet. Ist der Verbraucher denn schon so weit, in großer Zahl die neue Energie zu akzeptieren?

Im Moment würde ich sagen nein, zumindest nicht bei rein batterie-elektrischen Fahrzeugen, um da präzise zu sein. Die Kunden sehen noch zu viele Kompromisse und Fragezeichen, als dass sie problemlos ihr jetziges Fahrzeug mit Verbrennungsmotor in ein reines Elektroauto tauschen würden. Darum versuchen wir mit unseren Hybridfahrzeugen den Kunden eine echte Alternative zu bieten. Jedes neue Modell von Ford wird in mindestens einer elektrifizierten Version verfügbar sein. Dabei reicht das Angebot vom Mild-Hybrid über den Plug-In bis hin zum Vollhybrid und natürlich auch zum rein batterie-elektrischen Fahrzeug.

Bedeutet das also doch nicht den von vielen befürchteten schnellen Tod von Benzinern und Diesel-Autos?

Natürlich ist Elektro-Technologie sehr stark im Kommen. Aber wird es in fünf Jahren schon 80 Prozent Elektrofahrzeuge geben? Nein, würde ich sagen. Der Verbrenner hat nach wie vor eine wichtige Rolle – auch in fünf oder zehn Jahren noch. Die gesamte Industrie geht davon aus, dass im Jahre 2030 erst 30 Prozent aller neu zugelassenen Fahrzeuge rein batterie-elektrische Autos sind.

Schon jetzt vereinbart ist, dass Ford und VW ab dem Jahr 2023 gemeinsam auf einer Plattform Elektroautos bauen. Wie profitiert der Kunde davon?

Volkswagen hat mit dem Modularen E-Antriebsbaukasten eine sehr innovative Technologie entwickelt. Auch Ford ist bekannt für seinen guten Entwicklungsbereich. Das passt wunderbar zusammen. Dadurch können beide Unternehmen ihre Produkte noch besser auf die Wünsche der Kunden weltweit abstimmen und gleichzeitig Synergien bei Kosten und Investitionen schaffen. Und natürlich hilft es uns dabei, unser Angebot an Elektrofahrzeugen für europäische Kunden zu vergrößern und unsere Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Wird ein neuer Ford denn noch als Ford erkennbar sein?

Wichtig für uns ist, dass diese Fahrzeuge, die wir hier in Köln für den europäischen Markt eigenständig entwickeln, erkennbar echte Ford sind. Also in für die Kunden sichtbaren Kriterien wie Fahrverhalten, Design, Material, Look and Feel, Bedienungskonzept oder Konnektivität die Marke widerspiegeln. Da, wo es technologisch aufwendig und teuer wird, wird es dann die gemeinsame Plattform geben. Das ist das Clevere an dem Konzept. Auch für VW.

Aus der fernen Zukunft zurück zur aktuellen IAA. Mehr als ein Dutzend Automarken fehlen. Ford ist da. Was gibt‘s Neues zu bewundern?

Für uns ist es ein besonderes Jahr, das ganz im Zeichen der Elektrifizierung steht. Wir zeigen Fiesta, Focus, Mondeo und als Messepremiere den neuen Ford Puma als Hybrid-Varianten. Dazu kommen der neue Ford Explorer und der Tourneo Custom als Plug-In Hybrid. Und erstmals zeigen wir auch die neue Generation Ford Kuga, der in allen drei Hybrid-Varianten verfügbar sein wird.

Wann starten die Neuen im Handel?

Der Explorer kommt noch dieses Jahr nach Europa. Der Kuga und der neue Puma können schon vorbestellt werden. Ausgeliefert werden sie ab Frühjahr nächsten Jahres. Der Tourneo Custom ist ab Ende des Jahres bestellbar.

Den Explorer holen Sie aus Amerika. Werden weitere Autos aus dem Ausland für den deutschen Markt folgen?

Wir werden in Zukunft weitere Neueinführungen aus anderen Ländern anbieten. Ford ist schließlich weltweit tätig. Namen kann ich aber noch nicht verraten.

Ford war im Van-Segment mal führend. Und nun sterben die Vans aus. Auch bei Ford?

Wir sehen das Van-Segment schrumpfen, deswegen haben wir auch keinen B-Max mehr, auch keinen C-Max. Der Trend geht stattdessen weiter Richtung Crossover / SUV. Unser EcoSport etwa läuft super. Eine der stärksten Linien, die wir haben. Zusätzlich wird es den neuen Puma geben. Der ist noch etwas lifestyliger, moderner und funktioneller. Ein tolles Auto in einem perfekten Segment. Er wird den Kunden massiv überraschen.

Massiv überraschen – warum?

Weil er so viel Platz hat. Der Puma hat im Laderaum als absolute Produktneuerung die neue Ford Mega-Box. Die Besucher werden auf der IAAstaunen,wie groß, variabel und funktionell sie ist. Da kann man sogar zwei Golf-Bags oder Pflanzen einladen und die Box bei Bedarf einfach ausspülen. Komplett neu ist auch die Laderaumabdeckung. Egal, wie sie das Auto beladen. Man muss die Abdeckung nicht mehr abnehmen, sie passt sich dem Gepäck einfach an. Die Kombination aus Design, Lifestyle und Funktionalität des neuen Puma ist einmalig.

Zum Schluss eine private Frage: Was ist denn Ihr Lieblingsauto?

Das Auto, mit dem ich vom Herzen her am liebsten unterwegs bin, ist der S-Max. Er hat uns als Familie all die Jahre begleitet. Der mittlere Sitz im Fond war immer umgeklappt, da lag unser Golden Retriever auf einer Decke, rechts und links die Kinder. Mit diesem Wagen verbinde ich bis heute emotional das meiste. Eine schöne Zeit.

Der Puma setzt zum Sprung an

Der neue Puma. FOTO: HERSTELLER
Der neue Puma. FOTO: HERSTELLER
Oftmals sind es die kleinen Ideen am Rande, die das i-Tüpfelchen ausmachen. Ford hat beim Puma, dem neuen Crossover im SUV-Stil, solche Ideen verwirklicht. Da ist beispielsweise der Gepäckraum, mit 456 Litern schluckt er schon einiges. Aber es gibt da noch eine Raffinesse: die integrierte Ford-Megabox. Ein flexibel nutzbares Unterflurfach, in das sich beispielsweise zwei Golfbags aufrecht stellen lassen. Ist das Fach verdreckt – kein Problem: Einfach mit einem Schlauch ausspritzen, eine Ablauf-Schraube im Unterboden sorgt dafür, dass das Wasser direkt ablaufen kann. Der Puma wird ab Anfang des nächsten Jahres auf unseren Straßen rollen. Unter der Haube arbeitet ein 1,0 Liter Ecoboost-Dreizylinder mit Zylinderabschaltung – einmal in der Ausführung als elektrifizierte Modellvariante in Verbindung mit einem 48-Volt-Hybridsystem. Der Antrieb entwickelt 155 PS. Ebenfalls zum Markenstart steht ein 1,0 Liter-Motor mit 125 PS zur Verfügung. Ein 1,5 Liter Eco-Blue-Vierzylinder-Diesel kommt später. Die Sitzposition ist drei Zentimeter höher als in einem Fiesta. Das erleichtert das Einsteigen und bringt eine gute Übersicht auf die Straße. Für die richtige Sicht nach hinten sorgt eine Rückfahrkamera mit 180-Grad-Bild. Ein Massagesitz bringt Wohlfühlambiente und eine Falschfahrer-Warnfunktion (Frontkamera/Navigationssystem) soll verhindern, dass man als Geisterfahrer falsch auf die Autobahn auffährt. Die Preise für den Puma werden voraussichtlich bei etwas über 23 000 Euro starten. lp

KURZ NOTIERT

Der neue ASX startet zum Sonderpreis

Im September bringt Mitsubishi das Kompakt-SUV ASX überarbeitet auf den Markt. Künftig muss der Käufer mindestens 21 000 Euro investieren. Allerdings gewährt Mitsubishi einen Einführungsrabatt von 3000 Euro. Der damit rund 18 000 Euro teure Basis-ASX hat einen 150 PS starken Zweiliter-Benziner.

Gratis-Sprit für Lada-Käufer

Der Lada Vesta Tourer. FOTO: LADA
Der Lada Vesta Tourer. FOTO: LADA
Ein kleines Preiswunder: Lada baut den Vesta SW als Aktionsmodell „Tourer“ für nur 15 990 Euro. Der kompakte Kombi ist mit einer abnehmbaren Anhängerkupplung sowie einem klappbaren Heckträger für zwei Fahrräder ausgerüstet. Der Träger hat eine Nutzlast von 60 Kilogramm und ist somit auch für Elektrofahrräder geeignet. Optional ist eine Erweiterung für ein drittes Fahrrad erhältlich. Käufer erhalten auch noch einen Benzingutschein über 500 Euro.

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