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Tennis in Hamburg

Torben Beltz

Auch mit Donna Vekic ganz nach oben?

Torben Beltz, Erfolgscoach von Angie Kerber und Donna Vekic. Foto Jürgen Hasenkopf
Torben Beltz, Erfolgscoach von Angie Kerber und Donna Vekic. Foto Jürgen Hasenkopf
TENNIS in Hamburg: Torben, erst einmal danke für Kaffee, Kuchen und deine Zeit. Bevor wir zu Donna kommen aber zuerst zu dir. Was hast du vor deiner WTA Coachkarriere gemacht? Konnte man dich in einer Rangliste finden?

Torben: Ganz unter ferner liefen spielte ich nicht. Meine größten Erfolge: Nachwuchsverbandsmeister in Schleswig-Holstein und in den TOP 100 der deutschen Herrenrangliste. Dann ging es nach Amerika. In meinen zwei Jahren Collegetennis in South Carolina mit einem Bachelor Abschluss deutete sich aber an, dass eine Profilaufbahn nicht die Zukunft bedeutet, obendrein verletzte ich mich schwer an der Schulter und das war’s mit der Karriere.

Wie ging es dann weiter?

Nach Rückkehr aus den USA arbeitete ich für 2-3 Tage/Woche als Co-Verbandstrainer im tennis SH und der Cheftrainerposten beim Damenbundesligisten RW Wahlstedt nahm den Rest meiner Zeit in Anspruch. 2004 war ich bereits mit Angelique das erste Mal bei den Australian Open dabei, damals eben noch in meiner Verbandsfunktion. Die späteren Erfolge mit Angie müssen wir nicht noch mal aufzählen.

Doch, nur eine Frage dazu: Welcher Grand Slam Erfolg von Angie, Australian oder die US Open, hat dich mehr mitgenommen und warum?

Das war ganz klar Melbourne. 2016 war ja ein sensationelles Jahr mit den beiden Grand Slam Erfolgen und dem Finale von Wimbledon. Aber die 14 Tage Australian Open übertrafen alles. Von der ersten Runde an mit dem abgewehrten Matchball bis zum Finale gegen Serena Williams und der anschließenden Feier bis in den frühen Morgen. Einfach nur sensationell, für immer unvergesslich.
  
Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Donna Vekic?

Ich wollte nach der Trennung von Angie Ende 2017 einige Zeit ausspannen und mich vom Circuit erholen. Nur bereits fünf Tage später bekam ich einen Anruf aus Genf und die Anfrage, ob ich mir vorstellen könnte, es mit Donna zu versuchen. Ich hatte schon vor weiterzumachen, aber nicht mit jeder. Meine Idee war es, es mit einem jungen, unverbrauchten Talent zu versuchen, und das traf ja auf Donna zu. Ich flog also nach Genf, wir beide absolvierten eine Testtrainingsstunde und stellten fest, es passt mit uns. Vorbei war es mit meiner Erholung, da die Saison 2018 nicht weit hin war.
  
Torbens neuer Schützling, Donna Vekic. Foto Jürgen Hasenkopf
Torbens neuer Schützling, Donna Vekic. Foto Jürgen Hasenkopf
Du hast Donna übernommen, als sie zwischen Position 60 und 70 der WTA Rangliste pendelte. Bist du mit der Entwicklung zufrieden?

Klar, sie beendete diese Saison mit Platz 19. Vor Zhuhai hatte sie die Hoffnung, evtl. die Top 15 zu erreichen. Ich hatte in China aber den Eindruck, dass sie sich zu viel eigenen Druck machte und die Matche nicht mehr so frei angehen konnte wie bis zu den US Open, wo sie ja das Viertelfinale erreichte. Aber 19 ist Top, auch in Hinsicht eventueller Sponsoren. Top 20 hört sich besser an als Nr. 21.

Sie ist nicht nur Top 19, sondern steht seit genau dieser Woche einen Platz vor Angie.

Ok, das ist schön, aber nur eine Momentaufnahme. Für beide werden die Australian Open einen Neustart bedeuten, da kann sich vieles verschieben. Ich bin mir aber sicher, dass Donna weiter nach oben marschiert.
  
Der bisherige Höhepunkt seiner Coaching Laufbahn. Der Australian Open Sieg mit Angie. Foto Jürgen Hasenkopf
Der bisherige Höhepunkt seiner Coaching Laufbahn. Der Australian Open Sieg mit Angie. Foto Jürgen Hasenkopf
Australian Open ist das Stichwort. Was passiert bis dahin?

Donna machte im November 14 Tage Urlaub, danach sah der Plan eine 10-tägige harte Fitness Session vor. Diese wird von unserem Fitnesstrainer Zlatko Novkovic durchgeführt. Er war früher im Team von Ana Ivanovic.

Apropos Team. Alle Topstars reisen mit einer ganzen Anzahl von Coaches, Betreuern, Managern, Kindermädchen usw. um die Welt. Wie sieht dies bei euch aus?

Durch die Erfolge und die damit verbundenen finanziellen Möglichkeiten wurde auch unser Team größer. Ich bin der Head Coach und reise mit Donna ca. 35 Wochen, Zlatko bereitet sie speziell für die Grand Slams vor und ist 15 Wochen im Jahr dabei. Carlos Sternecker aus Regensburg ist unser Physio/Osteopath und begleitet uns bisher zehn Wochen im Jahr. Und dann gibt es noch Donnas Eltern, Brancica und Igor.
 
Die Stimmung zwischen Donna und Torben passt. Foto Beltz
Die Stimmung zwischen Donna und Torben passt. Foto Beltz
Sind das typische Tenniseltern?

Ja, aber im positiven Sinne. Ich habe ein sehr gutes Verhältnis mit ihnen. Sie mischen sich nicht in meine Arbeit ein. Igor ist mittlerweile nicht mehr zu ersetzen. Er erledigt die vielen „nebensächlichen“ Dinge, die anfallen und sonst keiner gerne macht: Flüge und Hotels buchen, Trainingsplätze und Bälle besorgen, einen Tisch abends im Restaurant bestellen, die Zeiten mit Carlos und Zlatko abstimmen, eben alles, was einfach erscheint, aber nicht selbstverständlich vorhanden ist.

Kommen wir wieder zur Vorbereitung. Fitnessvorbereitung ist abgeschlossen und dann?
 
Fußfehler? Nein, eher Returntraining mit Donna. Foto Jürgen Hasenkopf
Fußfehler? Nein, eher Returntraining mit Donna. Foto Jürgen Hasenkopf
Dann komme ich ins Spiel. Mitte Dezember fliege ich nach Monte Carlo, Donnas Wohn- und Trainingsort, und wir werden ca. 10 Tage an ihrer Technik feilen. Speziell am Aufschlag, der bereits gut ist, aber ausbaufähig. Mit dem Aufschlag geht es nun mal los und wenn der klappt, ist Schlag Nr. 2, der mit wichtigste im Tennis, viel leichter offensiv einzusetzen. Ebenso umgekehrt, wenn der Return kommt. Die ersten zwei Schläge sind die meist entscheidenden im Ballwechsel, ab Ball Nr. 3 beginnt eine neue Überlegung, da mit dem Schlag meist ein längeres Hin und Her losgeht.

Und wie geht es dann nach der Technik weiter?

Nach der Fitness und Technik kommt ein paar Tage die Kombination Technik/Matche spielen. Dazu fahren wir öfter rüber nach Nizza in die Patrick Mouratoglou Academy. Dort sind immer gute Sparringspartner vorhanden. Mit Maria Sakkari, Donnas guter Freundin auf der Tour, sind auch bereits Matchtage vereinbart.
 
On-Court Coaching: Torben steht dem positiv gegenüber. Foto Beltz
On-Court Coaching: Torben steht dem positiv gegenüber. Foto Beltz
Spielst du selbst nicht mit?

Ich bin immer noch gern selbst mit dabei, aber langsam merke ich, dass z.B. zwei Matcheinheiten am Tag meine konditionellen Fähigkeiten übersteigen. Daher eher eine und die zweite übernimmt jemand anderes.

Welche Trainingsphilosophie verfolgst du? Die Stärken trainieren oder eher versuchen, die Schwächen weniger schwach aussehen zu lassen?

Ich bin jemand, der beides im Auge hat. Auch bei Donna. Aber auch früher bei meinen Vereinsaktivitäten in tennis SH. Klar ist doch, eine Grundsicherheit in den Schlägen muss bei den Jugendlichen vorhanden sein, bevor sich Schwächen oder Stärken überhaupt definieren lassen.
 
Keine Ruhe in der Box. Torben hat nichts dagegen. Foto Jürgen Hasenkopf
Keine Ruhe in der Box. Torben hat nichts dagegen. Foto Jürgen Hasenkopf
Beides sollte gleichermaßen gefordert werden. Bringt ja nichts, wenn jemand gut aufschlägt, nur noch Aufschläge zu trainieren und dann festzustellen, dass die Ballwechsel beim ersten Grundschlag bereits mit einem Fehler enden. Es sei denn, du bist Ivo Karlovic.

Ok, das ist wohl wahr. Die Vorbereitung in Monte Carlo ist abgeschlossen, wie geht es weiter?

Igor Vekic hat für alle Ende Dezember die Flüge nach Australien gebucht. Die langen Flüge überstehe ich zum Glück in der Business Class, die kürzeren fliege ich „normal“ in der Economy, was bei meiner Größe schon anstrengend ist. Vor den Australian Open stehen zwei Vorbereitungsturniere in Brisbane und Adelaide an.

Dann grüße mir bitte meine alte Heimat Adelaide. Machen wir einen Sprung. Wir stellen uns jetzt vor, Donna spielt morgen in Runde 3 der Australian Open gegen Julia Görges. Wie läuft der Tag ab?

Danke für die zwei gewonnenen Runden. An den spielfreien Tagen der Grand Slam Turniere buchen wir meist einen Trainingsplatz für 90 Minuten, je nach körperlichem Zustand aufgrund der vorherigen Matches. Neben leichtem Tennis steht viel Pflege an und Novak und Carlos kommen zum Einsatz und halten bei Donna die Anspannung aufrecht. Einen Tag durchzuschlafen oder am Strand zu verbringen würde der Körperspannung nicht dienlich sein. Am Spieltag selbst spielen wir uns zwei Stunden vor dem Match ein und gehen noch mal die taktische Marschroute durch. Eine halbe Stunde vor dem Match bringt Novak Donna auf Betriebstemperatur mit Theraband und seinen speziellen Warm Up Übungen. Ich selbst lege dann noch viel Wert auf kleine Sprints mit Bällen.
 
Mit Maria Sakkari, Donna und Golfbag von Moskau nach Zuhai. 
Mit Maria Sakkari, Donna und Golfbag von Moskau nach Zuhai. 
Wie stellst du Donna auf Julias schnelles Spiel ein?

Donna soll versuchen, ihr Spiel durchzuziehen und das nicht nur gegen Julia. Das heißt, wie schon mal gesagt, Donna muss versuchen, den Schlag nach dem guten Aufschlag, der das Ganze erst ermöglicht, offensiv durchzuführen. Julia muss bewegt werden. Es bringt nichts – auch wenn man meint, Julia wird irgendwann verballern – die Bälle nur 6-8 mal zurückzuspielen. Dann würde man feststellen, dass die Ballwechsel bereits nach höchstens drei Schlägen zu Gunsten von Julia vorbei sind. Und wie sie sich verhalten muss, wenn dies nicht klappt, also Plan B ins Spiel kommt. Welcher Schlag von Julia ist bei engeren Spielständen der schwächere usw. Auf jeden Fall muss Julia ins Laufen gebracht werden.

Schaut ihr euch die Matches der anstehenden Gegnerinnen zusammen auf der Tribüne an?

Nein, Donna nicht, ich schon. Heutzutage ist das Beobachten und Studieren aber so viel einfacher geworden. Es gibt unzählige Statistiken über die letzten Matche und ich schaue mir auf einem Stick speziell das letzte Match von Julia auf dem Computer an, wenn ich dies nicht auf der Tribüne verfolgt habe. Mit Donna selbst studiere ich anhand dieser Videos eher ihre eigene Technik bzw. ihr Spielverhalten in bestimmten Situationen.

Ok, Donna hat ihr Spiel erfolgreich durchsetzen können, hat gewonnen und spielt in zwei Tagen gegen Angie.

Da hast du mir aber zwei Spiele ausgesucht. Danke für den weiteren Sieg. Der freie Tag läuft wie bereits vor dem Match gegen Julia. Und die taktische Einstellung sollte wieder sein, dass Donna ihr Spiel durchzieht. Nun ist Angie besser auf den Beinen als Julia, schlägt aber schlechter auf. Da muss der zweite Aufschlag attackiert werden und in den Grundlinienballwechseln sollte Abwechslung rein. Das ewige hin und her Ballern geradeaus liegt Angie, daher müssen ab und zu auch mal höhere Bälle her, um Angie dahin zu bringen, auch mal kürzer zu werden, um dann Donnas schnellen Schuss ansetzen zu können. Auch gegen Angie wird Schlag 2 nach eigenem Aufschlag oder Return der entscheidende sein.

Viel Glück, wenn es zu den Matchen kommen sollte. Dass ich dich jetzt nicht nach der nächsten Runde frage, bedeutet nicht, dass Donna gegen Angie den Kürzeren zieht. Wir werden dich im TV auf der Tribüne verfolgen. Matthias Stach und Boris Becker werden dich hoffentlich dabei entdecken. Nervt es dich eigentlich in einer vollbesetzten Box sitzen zu müssen, oder würdest du gern auf der anderen Seite des Platzes deine Ruhe haben.

Ich bin während des Matches so konzentriert auf Donna fixiert, dass ich das Getobe um mich herum kaum wahrnehme. Donna mag es obendrein, dass aus ihrer Box viel Unterstützung also auch in vernehmbarer Lautstärke kommt.

Hockt eure Truppe den ganzen Tag aufeinander?

Könnte man beinahe so sehen. Neben dem normalen Tennisablauf frühstücken wir zusammen, essen zusammen zu Mittag bzw. zu der Zeit, die das angesetzte Match vorgibt, also zwei Stunden vorher und abends geht es gemeinsam ins meist aus den Vorjahren beliebte Restaurant. Trotzdem habe ich viel freie Zeit, die ich dann aber, während das Turnier läuft und Donna noch im Geschehen dabei ist, nutze zum Studieren der nächsten Gegnerin.

Kannst du dir vorstellen, auch einen Herrn zu coachen.

Ich bin zurzeit so fest in die Damentour eingebunden, aber später, na klar.

Hast du viel Kontakt zu anderen Coaches?

Die habe ich. Seit kurzem gibt es sogar eine WTA Whats-App Golf-Coach App. Neben NBA Basketball zu schauen, ist Golf meine neue Leidenschaft geworden, und die App erleichtert natürlich auf der Tour, schnell Partner zu organisieren. Ich überlege mir ernsthaft, nach Australien mein eigenes Bag mitzuschleppen. Bei der B-Weltmeisterschaft in Zhuhai hatte ich es erstmals dabei, Donna hat mir allerdings, als sie dies sah, einen Vogel gezeigt. Frage mich bitte nicht nach meinem Handycap.

Was hältst du von den neuen Regeln, die gerade bei den Next Gen der ATP in Mailand getestet werden?

Halte ich nicht viel von, ich bin ein zu großer Traditionalist und würde gern sehen, dass alles so bleibt, wie es ist.

Also auch keine Aufschläge von unten?

Oh je, mit Donna trainiere ich diese jedenfalls bisher noch nicht.

Es spielen selten deutsche Juniorinnen auf den Jugendturnieren der Grand Slams. Bist du involviert in irgendwelche Überlegungen des DTB, dies eventuell zu ändern?

Ich sehe dies natürlich bzw. ich sehe nichts. Ich wundere mich schon, warum kaum eine Spielerin dabei ist. Aber nein, ich habe keine Ahnung, was der DTB damit bezweckt.

Nimmst du dir Zeit für Sightseeing?

Nicht mehr, Golf reicht mir seit kurzem völlig aus. Ich habe in all den Jahren so viel gesehen. Im letzten Jahr allerdings organisierte die Turnierleitung von Peking einen Trip zur Chinesischen Mauer. Das war dann doch noch mal ein besonderes Erlebnis.

Du kannst dir ein kompetentes Urteil erlauben. Wenn du Donnas Fans empfehlen solltest, welche Turniere sie besuchen sollten, welche wären diese?

Die Australian Open stehen für mich ganz oben auf der Liste. Die Fangesänge in Melbourne zu hören, sind schon ein besonderes Tenniserlebnis. Auch Rom ist immer eine Tennisreise wert. Dort ist man ganz nah dran an den Spielerinnen, zudem spielen dort zeitgleich auch die Herren. In Deutschland der Porsche Grand Prix in Stuttgart.

Kannst du dir vorstellen, nach deiner internationalen Karriere, wieder irgendwo in tennis SH als Clubtrainer zu arbeiten oder eröffnest du eher die Int. Beltz Academy in Monte Carlo?

Ha, ha, ha. Monte Carlo wohl eher nicht, aber Clubtrainer, das habe ich immer gern gemacht. Es ist wohl noch eine Weile hin, um sich darüber Gedanken zu machen.

Um ganz nach oben zu kommen, welche Tipps kannst du den Jugendlichen unseres Verbandes mit auf den Weg geben?

So viele Kinder gibt es ja nun nicht, die diesen Weg einschlagen können, auch wenn viele bestimmt davon träumen. Jedenfalls geht nichts ohne Spaß, viel Fitness und im Training immer mit 100 Prozent dabei zu sein. Ich gab mir bei meinen früheren Vereinen immer große Mühe, diese drei Faktoren weiterzugeben und in spielerische Komponenten einzubinden. Nur 2000 mal Vorhand aus dem Korb zu spielen, ist eher abschreckend als förderlich. Das ist aber auch kein großes Geheimnis, das ich hier preisgebe.

Torben, danke für dieses Gespräch. Viel Erfolg mit Donna in Australien und der weiteren Saison.

Wir werden uns bemühen, danke dir auch.
 
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